Sich Jung’s „Die Vorstellung des Bösen“ zu erschliessen, ist das Tor zu unserem Licht!”

Ein etwas gekürzter Artikel veröffentlich auf: “www.transinformation.net/sich-jungs-die-vorstellung-des-boesen-zu-erschliessen-ist-das-tor-zu-unserem-licht/“Vom 29. September 2021, geschrieben von Paul Levy, Awaken In The Dream, erschienen auf Waking Times, übersetzt von Antares

Einleitende Bemerkung:

In persönlichen Gesprächen stellt sich immer wieder die Frage:”Was kann ich in dieser aktuellen geopolitischen Situation, gegen eine un- heimliche Macht, die offensichtlich alle unsere Lebensbereiche durchdringt, uns subtil aber vollkommen beherrscht und unsere Bewusstsein manipuliert, tun?” C.G. Hat sich offensichtlich mit diesem Thema schon sehr früh beschäftig und eine überraschende, eine mich persönlich in die Pflicht nehmende, Antwort geliefert. Sie ist nicht bequem, sie ist nicht einfach aber sie argumentiert in schlüssiger Weise, den Entwicklungsweg des Qigong zu gehen.

Wir leben in einer Zeit, in der eine grosse Dunkelheit in unserer Welt auftaucht.

Jung sieht das katastrophale Böse, das sich heute in unserer Welt manifestiert, als einen archetypischen Ausdruck des Prozesses des Übergangs der Menschheit von einer Epoche – von einem Bewusstseinszustand – zur / zum nächsten. Er war der Meinung, das Schicksal der Welt hänge buchstäblich davon ab, dass wir die Schattenelemente in uns erkennen und sie in ein erweitertes Selbstverständnis integrieren, das sowohl unsere lichten als auch unsere dunklen Aspekte mit einschliesst.

Was wir in uns nicht akzeptieren, sondern aus unserem Selbstbild ausschliessen und in die Schatten der Unterwelt des Unbewussten verdrängen – ihm damit das Licht entziehend – wird toxisch.

Diese unterdrückten Schatteninhalte laden sich im Unbewussten auf und werden mit archaischen archetypischen Energien aus dem kollektiven Unbewussten kontaminiert.Wir stellen uns somit vor, wir seien „unschuldig, vernünftig und menschlich“. Wir leugnen nicht, dass schreckliche Dinge geschehen, doch da wir uns selbst für harmlos halten, gibt Jung zu Bedenken, „sind es immer ,die anderen’, die jenes tun“. Wenn wir nicht mit dem potenziell Bösen in Berührung kommen, das in uns wohnt, projizieren wir es in einem vergeblichen Versuch, es zu verleugnen, nach aussen und werden somit Opfer des Bösen, von dem wir uns in uns selbst abwenden, und handeln unbewusst in der äusseren Welt.

Das Böse gedeiht, wenn wir die Augen davor verschliessen

Um Jung zu zitieren: „Das Böse ist heutzutage zu einer sichtbaren Grossmacht geworden … Wir stehen vor der schrecklichen Frage des Bösen und wissen nicht einmal, was vor uns liegt, geschweige denn, was wir dem entgegensetzen werden.“ Die meisten gewöhnlichen, psychologisch und / oder spirituell unterentwickelten Menschen haben Schwierigkeiten, sich die äusserste Verdorbenheit des Bösen vorzustellen, das sich potenziell durch Einzelpersonen oder Gruppen (um nicht zu sagen – durch sie selbst) ausbreiten kann, die vom Machtwillen des Schattens ergriffen wurden.

Der erste Grundsatz der psychologischen Methode lautet, sich jedes Phänomen, das man verstehen will, mitfühlend vorzustellen eine „Vorstellungskraft für das Böse“ zu entwickeln, wie er es nennt.

Wenn wir uns das Böse, zu dem Menschen potenziell fähig sind – und zu dem auch wir selbst unter den richtigen Umständen fähig sein könnten – in unserer Naivität nicht vorstellen können, offerieren wir uns dem Bösen in dessen ,Hände’ hinein. Wenn sich das Böse der Reichweite unserer Vorstellungskraft entzieht, wird es uns gegenüber diktieren, sich durchsetzen und die Herrschaft über uns erlangen, sowohl in unserer Vorstellung als auch in unserem konkreten Leben. Da unsere Vorstellungskraft uns dabei helfen kann, das Böse in den Griff zu bekommen, versucht das Böse, die Vorstellungskraft zu unterdrücken und letztendlich zu zerstören, weswegen die Mobilisierung der kreativen Vorstellungskraft für den Umgang mit den Mächten der Finsternis entscheidend ist.

Wir alle haben eine dunkle Hälfte,

doch in dem Ausmass, in dem wir uns auf Kosten der Dunkelheit in uns zu sehr mit unserer hellen, ,lichten’ Seite identifizieren, sind wir am Ende unfähig, uns die Tiefen der Dunkelheit vorzustellen, zu denen wir eben selbst fähig sind. Jung bringt ganz offen und ehrlich den Punkt auf, indem er schreibt: „Wir sind stets, dank unserer menschlichen Natur, potenzielle Verbrecher. In Wirklichkeit fehlte uns nur eine geeignete Gelegenheit, um in das höllische Handgemenge hineingezogen zu werden“. Wir sind alle untrennbar miteinander verbunden und nehmen Anteil am gemeinsamen kollektiven (dunkleren) Unbewussten der Menschheit – der Schattenseite des Menschseins – weswegen Jung schrieb:

„Niemand von uns steht ausserhalb des schwarzen kollektiven Schattens der Menschheit.“

Jung sagt: „Wir sind uns dieser Kräfte glücklicherweise nicht bewusst, weil sie niemals oder fast nie in unseren persönlichen Beziehungen oder unter gewöhnlichen Umständen auftreten. Doch, wenn sich Menschen zusammentun und einen Mob bilden, dann werden die Dynamiken des kollektiven Menschen freigelassen – Bestien oder Dämonen, die in jedem Menschen schlummern [und nun freigegeben werden] … Die Veränderung des Charakters, die durch den Ansturm der kollektiven Kräfte hervorgerufen wird, ist erstaunlich. Ein liebenswürdiges und vernünftiges Wesen kann sich in einen Wahnsinnigen oder in eine wilde Bestie verwandeln.“Jung schreibt:

„Die gigantischen Katastrophen, die uns heute drohen, sind keine Elementarereignisse physischer oder biologischer Art, sondern psychische Ereignisse”.

In jedwedem Augenblick können mehrere Millionen Menschen von einem neuen Wahnsinn befallen werden, und dann könnten wir einen weiteren Weltkrieg oder eine verheerende Revolution haben, der moderne Mensch wird von den elementaren Kräften seiner eigenen Psyche zerschmettert. Das ist die Weltmacht, die alle anderen Mächte auf der Erde bei weitem übertrifft. Mit anderen Worten: Die Grossmacht – und scheinbar dunklere Macht – die uns heute bedroht, ist dort zu finden, wo sie ihren Ursprung hat, in unserer Psyche. 

Nach der Lösung für das weltweite Problem des Bösen ausserhalb von uns selbst zu suchen, bedeutet, uns selbst von der Quelle des Problems (und der möglichen Lösung) zu distanzieren und abzulenken,

die, wie Jung immer wieder betont, nur im Individuum selbst zu finden ist. Beim Vordringen in unsere eigenen Tiefen können wir potenziell den unermessllichen und furchterregenden Kräften des archetypischen, kollektiven Schattens in uns selbst gegenübertreten, da wir alle im tiefsten Innern unseres Wesens fundamental mit der transpersonalen Psyche verbunden sind, sowohl in ihren lichten wie auch in ihren dunklen Aspekten.

Unser Mangel an Vorstellungskraft für das Böse ist der beste Weg, uns, um es mit Jungs Worten zu sagen, „zu einem Instrument des Bösen“ zu machen.

Unser Mangel an Kenntnis über das Böse, zu dem jeder von uns fähig ist, beraubt uns, um Jung zu zitieren, „der Fähigkeit, das Böse zu händeln“. Wir müssen mit der Dunkelheit innerhalb von uns selbst auf vertrautem Fuss sein und sie kennen, falls wir irgendwelche Hoffnung haben wollen, mit der Dunkelheit in der Welt als Ganzes wirksam umgehen zu können

„Das Böse“, schreibt Jung, „kann nicht mehr durch eine umständliche Formulierung aus der Welt geschafft werden. Wir müssen lernen, mit ihm umzugehen, denn es ist da, um zu bleiben.“ 

Unseren Schattens zu integrieren ist kein intellektuelles Unterfangen, sondern ein moralisches Problem, das den ganzen Menschen herausfordert. Sich des Schattens bewusst zu sein, ist für jedes Mass an Selbsterkenntnis unerlässlich. Der Prozess der Erhellung des Schattens bringt in der Regel ziemlich starken inneren Widerstand auf, denn die Unwissenheit hat eine Trägheit, die überwunden werden muss, um dem Licht der Selbsterkenntnis Platz zu machen. Um Jung zu zitieren: „Der Einzelne, der eine Antwort auf das Problem des Bösen haben möchte, wie es sich uns heute darstellt, bedarf daher zuallererst der Selbsterkenntnis, d.h. der grösstmöglichen Kenntnis um seine eigene Ganzheit.“ Jung schliesst:

„Die individuelle Selbstreflexion, die Rückkehr des Individuums zum Boden der menschlichen Natur, zu seinem eigenen tiefsten Wesen … hier ist der Beginn einer Heilung für die Blindheit, die in der gegenwärtigen Stunde herrscht.“